So verlässlich, wie das Abendlied der Amsel hier in unseren Breiten erklingt, genauso sicher gibt es bei Sandra Zens in der Schwarzdrossel leckeres, liebevoll zubereitetes Essen, bodenständig, aber fein. Im Landgasthaus Zur Schwarzdrossel hat Gastfreundschaft seit vielen Jahrzehnten Tradition. Und doch hat sich etwas getan, seitdem die jüngere Generation Kochtopf und Management in die Hand genommen hat: „Nach und nach habe ich die Speisekarte ein bisschen verändert“, erzählt Küchenchefin Sandra Zens aus den Jahren, seitdem sie die Verantwortung von ihren Eltern Wilma und Hans Stuhldreier übernommen hat. „Gutbürgerlich, das gibt es nach wie vor, aber mit einem modernen, regionalen Einfluss.“ Auf der Karte in der Schwarzdrossel finden sich also nach wie vor ein Heringstopf und die Gahlener Hochzeitssuppe. Aber auch Rinderfilet und zum Beispiel eine Cremesuppe von grünen Erbsen mit Karotten-Chilischaum. Ein feiner Loup de mer mit Garnelen an Krustentierschaum zeugt hier nicht von kulinarisch-exzentrischem Übermut, sondern stellt die fundierte Kochkunst in der Schwarzdrossel unter Beweis.
„Für jeden ist bei uns auf der Karte etwas dabei“, da ist sich Sandra Zens sicher. „Und auch für jeden Geldbeutel.“ Mittags bietet sich ein Drei-Gang-Menü an, am Nachmittag gibt es selbstgemachten Kuchen; und eine kleine Nachmittagskarte versorgt die Gäste, bevor am Abend wieder die ganze Bandbreite der kreativen und zugleich heimatverbundenen Küche zur Auswahl steht. In der Schwarzdrossel werden Sie durchgehend bis in den Abend hinein mit Köstlichkeiten verwöhnt. Wenn sich kleine Festgesellschaften angekündigt haben, geht das À-la-carte-Geschäft trotzdem weiter. Die Stammgäste verlassen sich hier ja auf die „Drossel“. Und das teilweise schon seit Jahrzehnten.
In den 1960er Jahren lockten die Weite der Felder und Wiesen und zugleich die Nähe zum Ruhrgebiet viele Ausflügler an. Damals saß man dann auf dem ursprünglich landwirtschaftlich genutzten Hof gemütlich bei einem Bier zusammen, nachdem das Tagewerk auf den Feldern getan war. Immer öfter wurde dann am Gartenzaun Flaschenbier auch verkauft und wurden bald Eis und Süßigkeiten von Spaziergängern angefragt. Der Impuls für einen gastronomischen Betrieb war da. Die Arbeit im Stall wurde von der Tätigkeit hinter der Theke abgelöst. Doch neben der verlässlich guten Küche ist es auch heute noch vor allem die saftige, grüne Natur, die Stammgäste in die Außenbezirke Gahlens lockt und hungrige Wanderer und Radfahrer spontan einkehren lässt. „Die Menschen wollen lecker essen und dabei die Natur genießen“, bringt Kilian Zens es auf den Punkt. In der Pfannhüttenstraße auf dem Weg Richtung Tongruben und Wieseneinsamkeit ist die Welt in Ordnung und die Landschaft intakt. Feuchte Auen werden von Reihen alter Weidenbäume durchzogen, Angelteiche gucken dem Himmel mit ihrem blau-grünen Auge entgegen und strahlen eine herrliche Ruhe aus. Hier gehen die Uhren einen Tick langsamer. Und das tut den Leibgerichten aus Sandra Zens’ Küche gut: „Hier wird alles frisch gemacht. Convenience-Produkte kommen mir so gut wie gar nicht ins Haus“, beschreibt die Küchenchefin ihren Stil. Alles frisch, alles echt – das bedeutet in der Schwarzdrossel, dass das Wiener Schnitzel selbstverständlich vom Kalb ist und die Seezunge eine echte, direkt aus Holland. Außerdem gibt es so ehrliche Gerichte wie das beliebte halbe Brathähnchen seit 50 Jahren unverändert. Daneben findet immer wieder ein wenig Abwechslung den Weg auf die Speisekarte, wie eine Apfel-Meerrettich-Suppe mit Chilikrapfen oder die Kreation „Reef and Beef“. Dahinter verbergen sich Tournedos vom Rind mit Riesengarnele, Café-de-Paris-Creme, Tagesgemüse und Kartoffel-Krapfen.
So liebevoll wie hier die Speisekarte zusammengestellt wird, genauso aufmerksam widmet man sich in der Schwarzdrossel den Gästen. Gerne melden sich deshalb Festgesellschaften zu Taufe, Kommunion und Konfirmation, anlässlich einer Weihnachtsfeier oder eines Jubiläums an. Auch wer mit einer größeren Radfahr- oder Wandergruppe die Schwarzdrossel als Zwischenstopp einplant, ist herzlich eingeladen, kurz vorher anzurufen. Dann kann man sich auf den Ansturm einstellen. Und die gewohnte Güte liefern. Die Ansprache ist persönlich, die familiäre Atmosphäre unverstellt und wertschätzend. „Wir sind darauf bedacht, Qualität in jeder Hinsicht zu wahren. Also setzen wir nicht auf Masse, sondern bleiben lieber klein und fein, so dass wir unsere Gäste mit frisch gemachten Speisen und einer herzlichen, persönlichen Art verwöhnen können“, fasst Sandra Zens zusammen. Das sorgfältig gezapfte Bier, selbstgemachtes Eis, regionale Gerichte und die Freude daran, gute Gastgeber zu sein – das ist es, was das Familien-Team Zens und Stuhldreier immer neu antreibt. In der Schwarzdrossel wird deutlich, dass das Naheliegende oft das Beste ist. Die gefiederte Schwarzdrossel oder Amsel, der Vogel der in Gahlen in Hecken und Büschen zu Hause ist, kommt durchaus ohne schillerndes Federkleid aus und setzt nicht auf vordergründige Effekte. Aber wer einmal ihr Abendlied bewusst gehört oder sich von ihrem Gesang hat wecken lassen, wird dieses so ehrliche und doch so sinnliche Erlebnis nicht so schnell vergessen. Und nicht wieder missen wollen.
Interview mit Sandra und Kilian Zens, Zur Schwarzdrossel:
Was ist die Spezialität Ihres Hauses?
Sandra Zens: Das Familiäre ist bei uns ganz wichtig. Wir sind ein alteingesessener Familienbetrieb. Und die regionale, liebevolle Küche ist auf jeden Fall unsere Spezialität. Und hier geht nichts über die Theke, was wir nicht auch gerne essen. Ich lege sehr viel Wert darauf, dass alles hausgemacht ist. Ich mag keine Convenience-Produkte in meiner Küche. Hier werde ich unterstützt von unserem langjährigen Koch Franz. Viele Eissorten, klassische schöne Desserts, machen wir selbst. Wir haben eine Eismaschine, und die wird auch ganz oft genutzt, zum Beispiel für unser Holunderblüten-Sorbet. Meine Schwiegereltern sammeln die Blüten in der Erler Heide, und dann wird daraus Saft gekocht.
Worauf können Gäste sich bei Ihnen freuen?
Sandra Zens: Die familiäre Atmosphäre wird hier von allen mitgetragen. Natürlich von meiner Mutter, die unsere Gäste persönlich begrüßt, aber auch unser langjähriger Kellner Marc kümmert sich mit ganz viel Herzblut. Mein Vater legt großen Wert darauf, dass das Pils gut gezapft wird. Und wichtig ist, dass es genauso ordentlich serviert wird, mit dem Gesicht nach vorne. Bei uns hat das Pils eine richtig schöne Krone. Dafür steht mein Vater, er zapft mit Abstand das beste Bier.
Was ist typisch Schermbeck an der Schwarzdrossel?
Kilian Zens: Die ländliche Umgebung ist natürlich typisch für Schermbeck. Viele kommen und setzen sich in den Biergarten, weil sie die Ruhe und die Natur genießen möchten. Sandra Zens: Das kleine schnuckelige, das passt zu Schermbeck. Unser Gasthof ist nicht zu groß. So bleibt alles persönlich. Kilian Zens: Die offene Art untereinander, das ist in Schermbeck so. Man spricht miteinander. Sandra Zens (ergänzt ihren Mann): Jeder kennt jeden. Kilian Zens: Ja, das ist genauso. In kurzer Zeit ist man mit den Stammgästen per Du, weil es hier einfach so eine lockere Atmosphäre gibt. Das ist ansteckend.
Was schätzen Sie an Schermbeck besonders?
Sandra Zens: Das Vereinsleben in Gahlen und auch in Schermbeck fällt mir dazu ein, Schützenvereine, Feuerwehren, Heimatverein, das wird hier richtig gelebt. Kilian Zens: Gerade so das Zusammengehörigkeitsgefühl, in Gahlen war das immer besonders ausgeprägt. Manchmal spricht man auch noch heute davon, dass man von der anderen Lippe-Seite kommt. Sandra Zens (lacht): Ja, da muss man sich nichts vormachen. Deshalb habe ich mir einen aus Schermbeck gesucht. Kilian Zens (lacht seine Frau herzlich an): Zur Völkerverständigung. Sandra Zens: Aus Altschermbeck auch noch, aus der katholischen Hochburg. Und wir sind hier in der evangelischen Hochburg.
Was kann man unmittelbar in der Nähe der Schwarzdrossel unternehmen?
Sandra Zens: Radtouren und Spaziergänge. Kilian Zens: Angeln. Das ist wieder viel mehr geworden. Hier nebenan ist direkt ein Angelteich. Sandra Zens: Von hier aus kann man auch in den Dorfkern laufen, zum Gahlener Mühlenteich.